Religiöse Bildung in der Grundschule
• Verantwortlich: Carolin M. Altmann
Die Grundschule stellt im deutschen Schulsystem eine Schulform dar, die sich von anderen Schulformen in einigen Aspekten grundlegend unterscheidet. Als erste Schule für alle Kinder wurde die Grundschule seit ihrer Gründung (1919) etwa durch den demokratischen Anspruch geleitet, allen Kindern unabhängig von Status, Herkunft etc. die gleichen Bildungschancen zu bieten. Dieser Anspruch besteht nach wie vor und konnte zugleich weder damals noch heute vollumfänglich eingelöst werden. Mit ihrer grundlegenden Bildung und Erziehung übernimmt die Grundschule zudem wichtige gesellschaftliche Funktionen, indem sie zum einen alle Kinder gleichermaßen aufs weiterführende Schulsystem vorbereiten will und zum anderen im Übergang auf die Sekundarstufe erst für eine (idealerweise) leistungsgerechte Selektion dieser Kinder sorgt. Nicht zuletzt zeigen sich in der Grundschule „Heterogenität und Merkmale gesellschaftlichen Wandels immer zuerst und in ihrer gesamten Breite“ (Miller 2019, S. 218). Die zunehmende Heterogenität von Grundschulkindern (etwa im Hinblick auf Mehrsprachigkeit / Inklusion / …), aber auch Wandlungen auf institutioneller Ebene (z.B. Ausbau der Ganztagsschulen) beeinflussen den Lern- und Lebensort der Grundschule – und damit ebenso Dimensionen von religiöser Bildung, die an diesem aufscheinen.
Angesichts der Thematik religiöser Bildung in der Grundschule fokussiert sich das Habilitationsprojekt auf folgende Forschungsfrage: „Wie kann die Passung zwischen dem System der Grundschule sowie grundschulbezogener religiöser Bildung beschrieben werden?“ Ggf. wird im Verlauf der Arbeit zudem auf folgende Frage eingegangen: „Kann / Sollte diese Passung erhöht werden?“
Zur Klärung der Forschungsfrage werden als Ausgangslage zunächst grundschulpädagogische Überlegungen und Beobachtungen zum aktuellen System der Grundschule dargestellt. Anschließend wird religiöse Bildung in zwei Schritten auf das beschriebene Grundschulsystem bezogen:
Zunächst wird herausgearbeitet, welche Ansätze religiöser und religionsbezogener Bildung vorliegen, die sich mit dem umfassenden Lern- und Lebensort der Grundschule beschäftigen. Diese Ansätze werden sodann mit den Verortungen des Grundschulsystems ins Gespräch gebracht. Leitend können hierbei etwa Fragen wie die folgenden sein: Wo kommen Ansätze eines religionssensiblen / religiösen Schullebens (z.B. Schulseelsorge, religiöse Feste, Schulgottesdienste, …) im Grundschulbereich an ihre Grenzen – wo erscheinen Potenziale noch unausgeschöpft? / Wie „passt“ die zunehmende religiöse Heterogenität der Kinder mit den häufig christlich ausgerichteten Angeboten zusammen? / …
Anschließend werden Ansätze religiöser Bildung in den Blick genommen, die sich auf den Religionsunterricht der Grundschule beziehen, wobei sich im Rahmen der Arbeit auf Formate christlichen Religionsunterrichts beschränkt wird. Im Analysieren von religionsdidaktisch-normativen Grundüberlegungen, empirischen Studien sowie praxisorientierten Materialien für die Grundschule wird erneut nach der Passung zum übergreifenden Grundschulsystem gefragt. Vertiefende Fragen könnten z.B. sein: Wo leistet religiöse Bildung einen Beitrag zur religiösen Sozialisation der Kinder – wo werden Grenzen des Schulischen überschritten? / Wie ist mit dem in der Grundschule häufig fachfremd erteilten Religionsunterricht umzugehen? / …
Die Forschungsarbeit entsteht an der Bergischen Universität Wuppertal und wird von Prof. Dr. Tanja Gojny betreut.
Literatur:
Miller, Susanne (2019): Primarstufe. In: Marius Harring, Carsten Rohlfs und Michaela Gläser-Zikuda (Hg.): Handbuch Schulpädagogik. Münster u.a.: Waxmann, S. 116-126.
