Eine religionspädagogische Auseinandersetzung mit theologischen Zukunftsentwürfen unter besonderer Berücksichtigung der Apokalyptik.
• Verantwortlich: Christian Kaphengst
Das Dissertationsprojekt arbeitet an der Schnittstelle zwischen Theologie, Religionspädagogik und Soziologie zum Thema Apokalyptik und integriert modernere Ansätze (v.a. die Alexander Kenneth Nagels) zur Analyse apokalyptischer bzw. endzeitbezogener (Krisen-)Narrative in der Gegenwart und möchte diese Ansätze u.a. für die Religionspädagogik fruchtbar machen. Apokalyptisch geprägte Krisendiskurse besitzen auch im 21. Jahrhundert fast so etwas wie Hochkonjunktur, was sich nicht zuletzt in der Krisenrhetorik von Gruppen wie Fridays For Future, Extinction Rebellion oder auch in bestimmten Verschwörungstheorien besonders deutlich zeigt. In konservativ geprägten christlichen Kreisen und neuen religiösen Gemeinschaften leben zudem unter dem Eindruck der Corona-Pandemie ‚klassische‘ apokalyptische Erzählungen wieder auf. Die Auseinandersetzung mit diesen neuen Formen der Apokalyptik und eine Sensibilisierung für deren inneren Zusammenhänge unter Berücksichtigung bzw. vor der Folie der ‚klassischen‘ biblischen Apokalyptik, besitzt dabei einen erheblichen, aber bisher noch nicht weiter erforschten Bildungsgehalt. In religiös geprägten Bildungskontexten, insbesondere in der Schule, werden Fragen nach der Apokalyptik zugunsten der Beschäftigung mit präsentischer Eschatologie oftmals wenig bis gar nicht gewürdigt, da apokalyptische Texte oftmals als unzugänglich, sperrig und unzeitgemäß wahrgenommen werden und eine Auseinandersetzung sich oftmals nur mit der Deutung der religiösen Symbolik z.B. in der Johannesoffenbarung auseinandersetzt. Die Apokalyptik birgt dabei als eigener theologischer Zukunftsentwurf allerdings weiteres Potenzial, nicht nur im Vergleich mit verschiedenen Zukunftsentwürfen der Gegenwart, sondern auch in Hinblick auf die Verdeutlichung dessen, dass wir im Denken massiv geprägt sind vom ‚apokalyptischen Erbe‘ (H. J. Körtner) des Abendlandes, was sich etwa in der (impliziten) religiösen Prägung von Geschichts- und Krisenerzählungen deutlich zeigt. Apokalyptik kann daher nicht nur als theologischer Entwurf oder – im engeren Sinne – als bestimmtes ‚Genre‘ biblisch-theologischer Schriften gesehen werden, sondern durchaus auch als Denk- bzw. Wahrnehmungsmodus, der auch heutzutage noch das Potenzial hat, zu konkretem Handeln anzuregen und sich somit prägend auf Gesellschaften auswirken kann. Der in diesem Projekt durchaus weiter (aber nicht zu weit) gefasste Apokalyptik-Begriff birgt dabei die Möglichkeit der Religionspädagogik neue Impulse für die Auseinandersetzung mit der Apokalyptik zu verschaffen. Welche Rolle kann die Beschäftigung mit apokalyptischen Schriften und modernen apokalyptischen Denkmodi im Rahmen der religiösen Bildung einnehmen? Und welche Impulse können von ihr ausgehen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Projekts. Beispielhaft sind einige erste konkretere Möglichkeiten zur religionspädagogischen Auseinandersetzung genannt: Die Erarbeitung von Kontrasten und Gemeinsamkeiten zwischen modernen und biblischen apokalyptischen Phänomenen, die explizite Wahrnehmung von Apokalyptik als Modell einer sich immer wieder aktualisierenden Möglichkeit, sich der Zukunft im Angesichts von Krisen zu stellen, die Rolle der Apokalyptik als Krisenrhetorik oder Zivilisationskritik, der Sitz im Leben und die Pragmatik moderner und biblischer Apokalypsen sowie die Ausbildung diskurskritischer und hermeneutischer Kompetenzen in Bezug etwa auf den starken Dualismus bzw. dem teilweise vereinfachenden Weltbild der Apokalyptik, Apokalyptik als Zukunftsentwurf mit einer – durchaus kontrovers zu diskutierenden – Hoffnungsperspektive, die dem der Moderne entsprungenen Fortschrittsgedanken in gewisser Weise entgegenläuft.
