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Überblicksgeschichte der „Gesellschaft für wissenschaftliche Religionspädagogik“ (GwR)

(vormals „Arbeitskreis für Religionspädagogik“ – AfR)

Die „Gesellschaft für wissenschaftliche Religionspädagogik e.V.“ (GwR) trägt ihren heutigen Namen erst seit Dezember 2012; gegründet wurde sie indes bereits im Jahr 1948. Seit ihrer Gründung ist sie mehrfach umbenannt worden; in ihren Namen spiegelt sich der Wandel ihres Selbstverständnisses sowie der Wandel der als maßgeblich empfundenen Herausforderungen. Unbeschadet dessen sind allerdings die Anliegen des Vereins im Wesentlichen gleich geblieben:

  • die Förderung der Religionspädagogik (einschließlich der Gemeindepädagogik) als Wissenschaft,
  • die gegenseitige Unterstützung und Kooperation derer, die an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen, an Religionspädagogischen Instituten und Studienseminaren in Forschung und Lehre Religionspädagogik betreiben,
  • die Verbesserung bzw. Qualitätssicherung der Ausbildung von evangelischen Religionslehrer: innen.

Durch die Mitgliedschaft katholischer und muslimischer Mitglieder ist die Perspektive über den evangelischen Kontext hinaus geweitet.

Im Zentrum: Die Jahrestagungen

Dreh- und Angelpunkt des Vereinslebens ist seit jeher die Jahrestagung, die traditionell im September stattfindet und jeweils einem Thema gewidmet ist, etwa „Unterrichtsforschung Religion“ (Essen 2007), „Schulische und außerschulische Religionspädagogik“ (Alexandersbad 2010), „Schulartspezifische oder inklusive Religionspädagogik“ (Zürich 2011), „Christliche und islamische Religionspädagogik im Dialog“ (Berlin 2012).

Von der informellen Arbeitstagung zum Arbeitskreis für Religionspädagogik (AfR)

Gegründet wurde die GwR 1948 nicht als Verein, sondern als informelle „Arbeitstagung der Dozenten für Evangelische Theologie und Unterweisung an den Pädagogischen Hochschulen (Akademien)“. Ihr Ziel war somit zunächst der Austausch unter denjenigen, die außerhalb Theologischer Fakultäten für das Studium von evangelischen Religionslehrer/innen (für die nicht-gymnasialen Schulformen) verantwortlich waren. Auf den jährlichen Tagungen trafen sich also Dozenten und – einige wenige – Dozentinnen für alle Disziplinen evangelischer Theologie.
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte, v.a. seit Anfang der 1970er Jahre, kam es zu einer doppelten Veränderung: Einerseits verengte sich die Reichweite des Forums zusehends auf diejenigen Lehrenden, die sich als Religionspädagogen bzw. Religionspädagoginnen verstanden; andererseits weitete sich der Radius. Angesprochen wurden nun nicht mehr nur Dozent/inn/en an Pädagogischen Hochschulen bzw. Instituten für Evangelische Theologie (außerhalb theologischer Fakultäten), vielmehr auch Mitarbeiter/inn/en an kirchlichen religionspädagogischen Instituten und Religionspädagog/inn/en an Theologischen Fakultäten. Das Forum nannte sich nun, seit 1971, „Arbeitskreis für Religionspädagogik (AfR)“.
Insofern sich 1968 die „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Katechetikdozenten“ (AKK; heute: „Arbeitsgemeinschaft Katholische Religionspädagogik und Katechetik“ [AKRK]; www.akrk.eu) gebildet hatte, blieb der AfR de facto weiterhin auf Religionspädagogik im Raum evangelischer Theologie und Kirche bezogen – ein Aspekt, der v.a. beim Engagement seiner Mitglieder für eine inhaltliche Reform und institutionelle Besserstellung der Religionslehrer/innenbildung wirksam wurde.

Konstituierung als Verein und Gründung der Zeitschrift

2003 konstituierte sich der AfR als eingetragener Verein; schon 2002 begann als Organ des AfR „Theo-web. Zeitschrift für Religionspädagogik“ (www.theo-web.de) zu erscheinen; darin werden u.a. die Beiträge zu den Jahrestagungen des AfR veröffentlicht. Darüber hinaus steht die Zeitschrift für wissenschaftlich-religionspädagogische Aufsatzpublikationen allen Autorinnen und Autoren offen; Auswahlkriterium für die Veröffentlichung ist lediglich die wissenschaftliche Qualität der Beiträge, die durch ein review-Verfahren gesichert wird.
Die GwR dokumentiert ihre Tagungen in der Online-Zeitschrift Theo-web. Darüber hinaus legt sie gelegentlich Buchpublikationen vor.

Konstituierung der Nachwuchstagung und Umbenennung in GwR

Seit 2010 findet einen Tag vor der Haupttagung die Nachwuchstagung statt, auf der laufende Qualifikationsprojekte vorgestellt und diskutiert werden. Seit der Konstituierung hat sich die Zahl der teilnehmenden NachwuchswissenschaftlerInnen stetig erhöht und auf einem hohen Stand konsolidiert.
2012 beschloss die Mitgliederversammlung die eingangs erwähnte Umbenennung in „Gesellschaft für wissenschaftliche Religionspädagogik (GwR)“, u.a. um die Stimme der Religionspädagogik im Konzert der Fachdidaktiken der verschiedenen Fächer gewichtiger und profilierter hörbar werden zu lassen.

Der Vorstand

Der Verein wählt seit 2004 vier Mitglieder in den Vorstand. Eine Übersicht über die bisherigen Vorstandsmitglieder (seit 1980) finden Sie hier.

Im Folgenden finden Sie den Text eines Vortrags aus der Feder des langjährigen AfR-Mitglieds Prof. Dr. Hartmut Jetter (*1932) aus dem Jahr 1998, in dem dieser aus Anlass des 50-jährigen Bestehens an die Anfänge des AfR erinnert:

 

50 Jahre „Arbeitskreis für Religionspädagogik“ (AfR)

(Vorgetragen am 23.9.1998 bei der Mitgliederversammlung in Freising, der Vortragsstil wurde bei dieser Nachschrift bewusst beibehalten.)

Vorbemerkungen

1. Diese kleine und überdies sehr persönlich gehaltene Chronik beruht auf einer Absprache mit Kollegen Mokrosch. Bei einem zufälligen Treffen im vergangenen Jahr habe ich ihn darauf hingewiesen, dass der AfR bei seinem nächsten Zusammenkommen im Jahre 1998 durchaus die Möglichkeit habe, sein 50. Jubiläum zu feiern. Woher ich das wisse? Nun, bei meinem Hang, Daten festzuhalten, habe ich mir auch notiert, dass ich einmal auf einen entsprechenden Bericht gestoßen bin. Und das war der Bericht einer Tagung von 1948 in Hermannsburg. So habe ich mich daran gesetzt, den Weg unseres Arbeitskreises nachzuzeichnen, so gut ich konnte.

2. Dabei halte ich mich keinesfalls für den berufenen Chronisten. Denn ich selbst bin erst im Jahr 1966 zum ersten Mal mit dem AfR in Berührung gekommen. Er nannte sich damals noch etwas umständlicher „Arbeitskreis evangelischer Theologen an Pädagogischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland“. Und ich bin bereits im Jahr 1980 wieder aus der unmittelbaren Tätigkeit als Religionspädagoge ausgeschieden, konnte also nur noch „von ferne“ an der weiteren Entwicklung teilnehmen. Aber immerhin hatte ich in den 14 Jahren fast lückenlos an den Jahrestagungen teilgenommen. Bei der Niederschrift des nun Vorzutragenden haben die gesammelten Papiere in meinem Ordner außerordentlich viel hergegeben, viel mehr als ich gedacht hatte.

3. Die Suche nach weiteren Quellen war mehrfach verbunden. Vereinzelt findet sich einiges in den Zeitschriften der EU bzw. ZRP bzw. im „Evangelischen Erzieher“. Ich bin auch darauf hingewiesen worden, dass es durchaus möglich ist, im Comenius-Institut fündig zu werden, speziell über die Anfangszeit. Besonders beglückend aber war es für mich, daß mir Walter Hartmann, dessen Anschrift ich nach einigem Suchen gefunden habe, in einem persönlichen Brief viel erzählt und berichtet hat über das, was ihm noch in Erinnerung geblieben ist. Aus diesem Brief werde ich mehrfach zitieren.

Doch nun zur Geschichte. Ich gliedere sie, soweit ich sie erlebt habe, in drei Phasen:

  1. 1948-1963: Die Startphase
  2. 1963-1970: Die Phase der Konsolidierung
  3. 1970-1980: Die Phase der Strukturierung und Profilierung

I. Die Zeit von 1948 bis 1963

„Es begann …“ in Hermannsburg; „es begann…“ mit Rudolf Bultmann.

Auch wenn die Zeit der Startphase – jedenfalls für mich – im Dunkeln geblieben ist, trotz aller möglichen Bemühungen: Der Start, der steht fest. Er ist dokumentiert in den „Gesammelten Beiträgen zur Religionspädagogik“ (1968) von Hans Stock (S. 362ff). Es handelt sich dabei um den „Bericht über die Arbeitstagung der Dozenten für Evangelische Theologie und Unterweisung an den Pädagogischen Hochschulen (Akademien)“. Diese Tagung war – so Hans Stock – „der erste Versuch nach Krieg und Zusammenbruch, die Grundlagenfrage von „Glaube und Erziehung“ kritisch zu erörtern“. Jeder Tag begann mit einem Referat, das Stoff genug lieferte. Am ersten Tag das hermeneutische und theologische Referat von Rudolf Bultmann – Marburg; der zweite Tag zur religionspädagogischen Lage von Oskar Hammelsbeck – Wuppertal; der dritte Tag zur allgemein-pädagogischen Lage durch den Göttinger Erich Weniger über „Glaube, Unglaube und Erziehung“. An der Diskussion des letzten Referats habe sich besonders auch Friedrich Gogarten beteiligt.

20 Jahre nach dieser Tagung nahm H. Stock diesen Bericht in seine Beiträge auf und bemerkte: Möge dieser Bericht „den guten Geist jener Jahre des Neubeginns dokumentieren. In diesem Jahr der fruchtbaren „Unruhe“ 1968 fühle ich mich besonders daran erinnert.“ (S.10)

Es lag nahe, danach zu suchen, ob es nicht noch weitere Unterlagen über diese „Ursprungs“-Tagung gibt, etwa Listen über die Teilnehmer (waren es auch einige aus anderen Bundesländern, nicht nur Niedersachsen?). Indes, meine intensive Korrespondenz mit der niedersächsischen Heimvolkshochschule Hermannsburg (dort nahm die spätere Evangelische Akademie Loccum ihren Anfang) und der Evangelischen Akademie Loccum selbst führten nicht weiter, „“trotz eines recht umfangreichen Suchprozesses“, wie man mir von dort aus schrieb. Doch wichtiger als weitere Interna jener Arbeitstagung ist: Am Anfang unseres Arbeitskreises stehen zweifelsfrei die drei Namen Hans Stock – Göttingen, Martin Stallmann – Lüneburg oder Oskar Hammelsbeck – Wuppertal. Hans Stock in einem Brief vom 27.12.’78 an mich selbst: „Mit dem AfR habe ich zwar die Fühlung nun verloren, nachdem ich ihn bald nach 1945 mit Stallmann und Hammelsbeck gegründet und dann auch jahrelang geleitet habe.“ Genau so auch Walter Hartmann (Brief vom 6.1.’98): „Ich vermute, daß Stock und sein Freund Stallmann die Initiatoren des Arbeitskreises waren.“ Interessanterweise fährt er fort: „ich kam 1958 von Göttingen aus, wo ich fünf Jahre Studentenpfarrer gewesen war, an die PH Bremen. Ich kannte Hans Stock von Göttingen her. Er lud mich sofort zu den regelmäßigen Tagungen der niedersächsischen PH-Theologen ein, die in Verbindung mit dem von Karl Witt geleiteten Katechetischen Amt der Hannoverschen Landeskirche in Loccum stattfanden. Nach meinem subjektiven Empfinden wäre die Keimzelle für den späteren AfR dort in diesem niedersächsischen Kreis zu finden. Der entscheidende Mann wäre Hans Stock… Von wann es regelmäßige bundesweite Tagungen gegeben hat, kann ich leider nicht sagen“. Und auch Hugo Gotthard Bloth (1979) bestätigt mir diese Auffassung. Seine Aussage kann als eine pikante Ergänzung gewertet werden: „Bei den ersten von Stallmann inszenierten Tagungen des heutigen AfR waren die Vertreter der DDR-Religionspädagogik noch zugegen. Die Christenlehre wurde von Stock und Stallmann als die Wahrheit (Prawda) wissenschaftlicher Religionspädagogik hingestellt“.

II. Die Zeit von 1963 bis 1970

Über die 15 Jahre von 1948-63 kann ich sonst weiter nichts berichten. Mir liegt dazu nichts vor. Aus dem Obigen geht nur hervor, daß es weitere Tagungen vor allem in Loccum gegeben hat. Irgendwann und irgendwo kam mir etwas zu Ohren von einer Tagung 1950 in Detmold. Aber Konkretes kann ich erst wieder über 1963 berichten. Mit dieser Jahreszahl hat es folgende Bewandtnis:

Der „Theologische Fakultätentag“ – also der Verbund der Ordinarien für Evangelische Theologie an den deutschsprachigen Universitäten -, der sich seinerzeit regelmäßig am Ort Berlin traf, mußte nach dem Mauerbau 1961 einen anderen Ort suchen, zu dem auch die hinter dem „Eisernen Vorhang“ wohnenden Kollegen anreisen konnten. Österreich hieß damals die Drehscheibe; Wien war dieser Ort. Zu diesem ersten Theologentag in Wien wurden offenbar erstmals auch unsere PH-Kollegen eingeladen, und offenbar nicht nur die aus Niedersachsen. Dazu wieder Walter Hartmann: „Meine erste Erinnerung an einem bundesweiten Arbeitskreis ist der Wiener Theologentag 1963. Dort hatte wiederum Hans Stock die Leitung. Er griff mich bei dem Bemerken, man könne ja Klaus Wegenast (inzwischen Nachfolger von Martin Stallmann in Lüneburg) schließlich nicht alles machen lassen und trug mir die Leitung an. Damit war damals verbunden eine Absprache mit Herrn Schneemelcher-Bonn, der die Leitung des theologischen Fakultätentages inne hatte. AfR und Fakultätentag sollten künftig gemeinsam tagen. Nachdem mich Schneemelcher wegen eines bösen Verrisses einer von ihm herausgegebenen Festschrift für Günter Dehn gehörig abgekanzelt hatte, wurde in dieser Sache Einigkeit erzielt… Neben Stock und Stallmann war Helmuth Kittel eine der herausragenden Figuren des niedersächsischen Kreises. Dazu die großartige Helene Ramsauer/Oldenburg und Frau Corbach/Hannover. Die bultmannsche Hermeneutik beherrschte damals das Feld. Kittel hüllte sich meist in beleidigt erscheinendes Schweigen. Baldermann und ich versuchten, von der Seite des Erzählens her gegen den Stachel zu löcken, wobei uns Dietrich Steinwede unterstützte.“

Wir halten fest: Dass der Arbeitskreis im Zusammenhang mit dem jeweiligen Wiener Theologen-Kongress seine eigene Jahrestagung immer zwei Tage vor diesem abhielt, das begann im Jahr 1963. In dieser zweiten Phase 1963-´70 beginnt auch meine eigene Geschichte mit dem AfR, genauer mit der Jahrestagung 1966. Dabei wird mir gerade heute in Freising bewusst, dass fast auf den Tag genau vor 40 Jahren meine Laufbahn im Fach Religionspädagogik begann: Am 1. Oktober 1958 trat ich meine Stelle als Universitätsassistent in Tübingen bei Walter Uhsadel an, meinem späteren Doktorvater. Diese m. E. herausragende Tagung ist in der „EU“ von H. G. Bloth sorgfältig dokumentiert worden: Mit einer gekürzten Fassung des Hauptreferats, sogar mit dem Einladungsschreiben von Liselotte Corbach und einem Kommentar des Hauptreferats samt Kurzbericht über die Aussprache durch den Schriftleiter. Die Vorbereitung der Tagung hatte noch Walter Hartmann inne. Nach einer längeren Phase der Orientierung an den Fragen der Hermeneutik griff er die Frage nach dem Kind im Religionsunterricht auf. Offenbar lag sie damals in der Luft. Vgl. dazu auch die Tagung des Comenius-Instituts vom Herbst 1959 in Königswinter „Das Kind im Neuen Testament“! Als Hauptreferenten lud er den Chefarzt der psychosomatischen Abteilung des Krankenhauses Bremen, Dr.Hans-Jürgen Seeberger, ein. Thema war „Psychoanalytische Vorbemerkungen zum Religionsunterricht“. Walter Hartmann dazu: „Dass ich 1966 einen Psychoanalytiker reden ließ, brachte mir einen schweren Verweis von Martin Stallmann ein. Der gab zu Protokoll, diese absurde Idee mit „dröhnendem Gelächter“ quittiert zu haben.“ Die Leitung der Tagung selbst hatte Liselotte Corbach inne. Walter Hartmann hatte sie um diesen Dienst gebeten, da er kurz zuvor zu Gastvorlesungen in die USA eingeladen war. Gleichzeitig bat er darum, einen neuen Vorsitzenden zu wählen, was dann auch geschah. Unter dem Eindruck ihrer vornehmen und charmanten Leitung haben wir – ohne lange zu zögern – Frau Corbach gewählt und sie blieb in diesem Amt bis 1969. Auf ihre Bitte hin richteten wir auch das Amt eines zweiten Vorsitzenden ein. Das hatte folgenden Grund: Nach ihrer Auffassung sollte der AfR gegenüber dem Fakultätentag über eine angesehene und wissenschaftlich ausgewiesene Repräsentanz verfügen. So baten wir den Münchner Kollegen Johannes Müller-Bardorff um dieses Amt.

Zwischen Wien 1966 und 1969 gab es nur eine Tagung, im März 1968 im schönen Hofgeismar mit dem Thema „Erzählen im Grundschul-RU“. Die beiden württembergischen Kollegen Günther Roth (in der Zwischenzeit Oldenburg) und Erich Bochinger/Reutlingen waren die Referenten, Gerhard Sauter/Bonn referierte als Systematiker.

1969 Wien, mit dem schon eingeübten Rhythmus: An zwei dem Kongreß vorausgehenden Tagen wurde mit Walter Hartmann „Christologie und Didaktik“ und mit Johann Friedrich Konrad/Dortmund „Der historische Jesus und das Jesusbild des RU“ verhandelt. Ein Bericht darüber findet sich in der EU 1969/70, S. 16 ff von Gerd Presler/Dortmund.

Bei dieser Tagung legte Klaus Wegenast dem AfR den Entwurf für eine Satzung vor. Der AfR hatte bis dahin ohne Paragraphen gelebt. Im Vorgriff wurde beschlossen, fortan jährlich zusammenzutreten. Den Vorsitz übergab Frau Corbach an Eberhard Hübner/Dortmund. Sie selbst hatte die Leitung krankheitshalber kurzfristig an Siegfried Wibbing/Mainz abgeben müssen. An dieser Stelle halte ich inne: Nochmals Dank an diese famose Kollegin, die in dieser Frühphase dem Arbeitskreis viel mitgegeben hat!

III. Die Zeit nach 1970

Die Arbeitstagung nach 1970 im Godesberger PTI war voll bestimmt von den großen Umbrüchen jener Jahre. Allenthalben Schulreform, Strukturreform, Studienreform, Prüfungsreform etc. Jede Hochschule – in Nord wie Süd – war davon betroffen. Und die Dinge konnten nirgends auf die lange Bank geschoben werden. Regelmäßige Treffen des AfR waren angezeigt; Erfahrungsaustausch war lebensnotwendig. Nicht nur wurde über Wegenasts Satzungsentwurf von 1969 gearbeitet. Er trug auch selbst ausführlich vor zum dem Thema „Religionsunterricht und Schulreform“, dokumentiert im „Evangelischen Erzieher“ 1970 Heft 11, S. 463ff. Die Vorstellung geisterte durch den Raum, den AfR zweizugliedern in einen mehr mit bildungspolitischen Strukturfragen befassten Kreis und einen mehr inhaltlich, wie bisher an den theologischen und religionspädagogischen Fragen orientierten Kreis. Beschlossen wurde eine Art Kompromiss: Um der Notwendigkeit kulturpolitischer und hochschulpolitischer Stellungnahmen willen sollte sich der AfR als Fachschaft in der Konferenz Pädagogischer Hochschulen konstituieren; das sollten W. Hartmann und K. Wegenast übernehmen. Um aber die bisherige fachlich orientierte Arbeit fruchtbar weiterzuführen, sollte dieser andere Zweig unter dem Namen „Gesellschaft für Religionspädagogik e.V.“ mit den Kollegen Baldermann, Grosch und Thyen weitermachen. Ein Jahr später, 1971 im Jugendzentrum Höchst im Odenwald, sahen die Dinge aber schon wieder anders aus. So stellte sich u.a. heraus, daß der Name „Gesellschaft für Religionspädagogik“ bereits (in Villigst) vergeben war. Auch das mehr strukturpolitische Vorhaben selbst („eigene Fachschaft“) ließ sich so nicht verwirklichen. So wurde die in Godesberg beschlossene Satzung in Höchst noch einmal umgearbeitet und bekam dann die über viele Jahre dienende Gestalt; vermutlich ist an ihr nicht mehr viel geändert worden. Der Grundsatz blieb: Keine Zwangsmitgliedschaft, aber auch keine formelle Beitrittserklärung. Der AfR selbst öffnete sich auch für MitarbeiterInnen an kirchlichen religionspädagogischen Instituten und für ReligionspädagogInnen an theologischen Fakultäten. Das Thema in Höchst war der „Problemorientierte Religionsunterricht“. Dazu referierten Hans Grewel – Dortmund und der katholische Kollege Wolfgang Langer (das war ein besonderer Gewinn!). Ingo Baldermann war für Vorbereitung und Leitung verantwortlich.

Von jetzt ab kann ich etwas gedrängter vortragen: 1972 traf man sich wieder in Wien. Darüber aber kann ich nicht weiter berichten. Es war das einzige Mal, daß ich fehlen mußte, Grund: „Häusle bauen“! 1973 kam es wieder zu einer Ausnahmetagung: Es war der erste Versuch einer gemeinsamen Arbeitstagung mit dem deutschen Katechetenverein; Ort: Die wunderschöne Nikolaus-Cusanus-Akademie in Brixen. Den Vorsitz des DKV hatte damals Wolfgang Nastainczyk/Regensburg. Erfreulicherweise konnte ich ihn hier auf dieser Tagung in Freising auf in die nun schon über 25 Jahr zurückliegende Begegnung ansprechen. Thema war „Neue hochschuldidaktische Vermittlungsverfahren“. In ZRP Nr. 1/74 berichtet der damalige Vorsitzende Gerd Presler/Kalsruhe über Brixen. In aller Offenheit bringt er auch die großen Probleme zur Sprache, die diese Tagung mit sich brachte. Die wenigen damals Anwesenden haben sie sicher noch gut in Erinnerung. „Was dem Vorstand des Arbeitskreises Kummer gemacht hat, war die nicht hinreichende Bereitschaft der Mitglieder, um eines – wie auch immer – Anfangs im interkonfessionellen Gespräch unserer Branche willen langfristig zu planen, zu reisen und dazusein…“

Die Reihe unserer Arbeitstagungen ging so weiter: 1974 im Haus Ortlohn in Iserlohn mit dem Hauptreferat des dänischen Theologen Knud E. Logstrup aus Aarhuis „Ansätze zu einer Orientierungsethik“. Im Jahre 1975 fiel die Jahrestagung aus; an die Gründe kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Tagung von 1976 stand wieder in Verbindung mit dem Europäischen Theologen Kongress in Wien, wo wir uns – wie früher und später immer – im Albert-Schweitzer-Haus getroffen haben. Die Leitung hatte der Kollege Drescher/Hagen; Hauptreferate hielten Wilfried Rohrbach/Saarbrücken und Heinz Grosch/Lüneburg über „Tradition in RU“, von der ZRP in einem Sonderdruck zusammen mit einer ausführlichen Gesprächseinleitung von Walter Hartmann dokumentiert. Über den ganzen Kongress 1976 berichtete Jochen Ellerbrock/Flensburg in der ZRP 1976 S. 367ff.

1977 trafen wir uns wieder im Jugendzentrum Höchst im Odenwald. Am Schluss seines langen Briefes an mich erzählt Walter Hartmann auch über dieses Treffen, an dem er zum letzten Mal bei uns war: „Es ging da um „Die sog. Dortmunder Didaktik“: ihre Befürworter und Kritiker“. Die Gesprächseinführung hatte ich übernommen. Das Hauptreferat hielt Johann Friedrich Konrad „Christologische Implikationen religionspädagogischer Entwürfe“. Damit wurde an die Debatte der Tagung von ’76 in Wien angeknüpft, die sich auf die christologische Frage zugespitzt hatte. Den Vorsitz hatte Drescher/Hagen, der „dann wohl in Höchst an Sie übergeben hat.“

So ist es. 1975 hatte ich noch die Wahl ablehnen müssen. Wir waren damals in der heißen Schlußphase der Arbeit am „Evangelischen Erwachsenenkatechismus“. Aber nun musste und konnte ich annehmen. Die nächsten drei Tagungen fanden unter meiner Leitung statt. Ich nenne zunächst die Tagung 1978 in der Evangelischen Akademie Loccum mit dem Hauptreferat meines Hamburger Lehrers Hans-Rudolf Müller-Schwefe über „Theologie im Zeichen der Humanwissenschaft“: Theologie ist domina, als collega und als ancilla. Für alle unvergeßlich wohl die Andacht von Heinz Grosch, die ich noch in meiner Sammlung habe, beginnend mit der schockierenden Nachricht über den plötzlichen Tod von Papst Johannes Paul I. Noch ein bemerkenswertes Zitat aus einem Brief von Müller-Schwefe: „Dass ich einmal im Kreis der Religionspädagogen sein werde, wird mir gut tun. Ich habe in meinem Herzen die seltsamen Wandlungen der in diesem Fach Tätigen nur sehr mit Kritik verfolgt. Meist ist ja die persönliche Begegnung positiver als die mit Büchern und Aufsätzen. Und schön ist es natürlich auch, einmal mit ihnen zusammenzuarbeiten. Bei dem „Evangelischen Erwachsenenkatechismus“ (Müller-Schwefe lieferte mir die Vorlage für das Kapitel „Das Bekenntnis zu Jesus“) habe ich auch sachlich Interesse von unserer Begegnung“. Ehre seinem Angedenken auch an dieser Stelle!

1980 war es mir gelungen, zum ersten Mal den AfR nach Württemberg zu bringen. Wir tagten im PZ Stuttgart-Birkach. Thema war, was uns damals alle umgetrieben hat: Die Friedenserziehung, mit Referaten von Horst Schrey/Heidelberg und Oberkirchenrat i.R. Gerhard aus Hannover (ehemals Dessau, DDR). Es war leider nicht gelungen, den Fachkollegen Eckart Schwerin aus Ostberlin herüberzubringen.

Eine Ausnahmestellung hatte dazwischen das Treffen im Jahr 1979 am Ort der Evangelischen Akademie Hofgeismar. Hauptreferent war Hans Karl Beckmann aus Erlangen mit dem Thema „Theorie und Praxis der Beziehungen von Erziehungswissenschaft und Religionspädagogik“. Mit dieser Tagung aber verbanden wir das über das reich Fachliche hinausgehende Interesse, uns wenn irgend möglich noch einmal mit unseren Lehrern und Vorgängern der Religionspädagogik/Evangelische Unterweisung zu treffen und von ihnen persönlich authentisch zu erfahren, wie es damals war, was die Grundlagen ihrer Konzeption waren und was sie uns heute mitzugeben hätten. Für diesen Anlaß hatte ich in mühevollem Suche eine Liste der „Senioren“ erarbeitet von A wie Helmut Angermeyer/Neuendettelsau bis W wie Herbert Werner/Frankfurt/Main, eine Liste, die ich heute noch in Ehren halte, wiewohl sie heute mehr durchgestrichene Namen enthält. Auch wenn etliche der angeschriebenen Personen absagen mussten (etwa: Angermeyer, Schrey, Grau, Lamparter, Kohlhaas, Herbert Werner, Friedrich Hahn, Karl Witt, Rudolf Lennert und Wolfgang Klafki u.a.): Von der Idee selbst und der Einladung waren alle beglückt und haben mehr oder weniger lange Grüße gesandt. Ich erinnere v.a. an den spannenden Abend im Schlösschen Hofgeismar, als sie in unsere Mitte saßen und uns erzählten: Liselotte Corbach, Helene Ramsauer, Hugo Gotthard Bloth, Helmuth Kittel, Hans Stock, Werner Reininghaus und (der frühere Vertreter für die PHs in der EKD) Oberkirchenrat i.R. Karlheinz Becker. In bester Erinnerung etwa bleibt den Teilnehmern sicher der authentische Bericht von Liselotte Corbach, wie ihr dreibändiges Werk „Lasset uns aufsehen zu Jesus“, Vandenhoeck & Ruprecht, 1949ff während des Krieges entstand, wie sie durch das zerbombte Berlin auf dem Fahrrad mit den maschinenschriftlich geschriebenen und mühsam hektographierten Unterrichtsentwürfen von Katechetin zu Katechetin fuhr. Unvergesslich auch, wie sich die Altfreunde – manchmal aber auch Gegner – in unserer Mitte herzlich gut verstanden haben und auch über überwundene Kontroversen berichten konnten. Und nicht zuletzt unvergessen die Andacht, die uns der damalige Kollege und spätere EKD-Ratsvorsitzende Klaus Engelhardt/Heidelberg hielt.

Doch hier muss meine Chronik abbrechen. Für mich begann im September 1980 eine neue Zeit: Landesbischof von Keler hatte mich gerufen, in den unmittelbaren Dienst meiner Landeskirche zurückzukehren und das theologische Grundsatzreferat im Oberkirchenrat zu übernehmen. Und ich „zog meine Straße fröhlich“. Den AfR konnte ich nicht mehr regelmäßig besuchen. Zweimal war ich noch in Rotenburg an der Fulda dabei. Aber im Übrigen konnte ich ihn nur noch „von ferne“ begleiten. Bei der Tagung 1995 – wieder in Hofgeismar – habe ich mich in aller Form verabschiedet.

Diese Rückschau möchte ich aber nicht abschließen ohne – erstens – ein Wort des Dankes in dem Sinne: Jeder von uns verdankt all den vielen oben Genannten irgendetwas: Einen gedanklichen Anstoß, eine persönliche Förderung, die Begleitung der eigenen wissenschaftlichen Arbeit, kollegiale Kontakte und freundschaftliche Dienste wie etwa die Anfertigung eines Gutachtens, wenn es um die Berufung eines neuen Kollegen ging. Für mich gehört zu den „Vollzugsformen des Glaubens“ (Ernst Lange) auch die neutestamentliche Paränese: „Gedenket an eure Lehrer!“ (Hebr. 13,5). So habe ich denn auch mit den Kollegen, soweit es ging, brieflich oder durch Besuche Kontakt gehalten und gegebenenfalls auch kondoliert, wenn sie ihren Weg vollendet hatten. So etwa unlängst beim Tode unseres einstigen Esslinger Kollegen Prof. Dr. Walter Steinle, der mit 88 Jahren in Ludwigsburg verstarb. Zweitens: Auch für mich selbst habe ich immer wieder zum Ausdruck gebracht: Den AfR wolle ich nie missen. Er hat mir viel gegeben. In ihm war ich zu Hause. Die Kollegenschaft und Freundschaft mit vielen hat mich beglückt und bereichert. Umso mehr habe ich mich immer wieder gewundert, dass aus der eigenen baden-württembergischen Fachschaft nur so wenige hier richtig mitgemacht haben. Drittens: Eine Ausnahme war Klaus Engelhardt. Uns beide verbindet das Geschick, daß uns innerhalb weniger Monate unsere jeweilige Kirchenleitung zurückgeholt hat: Ihn als Landesbischof, mich als Oberkirchenrat. Zu meinem Amtsantritt in Stuttgart ließ er mir handschriftliche Zeilen zukommen. Er berichtete von seinem Urlaub, in den er als Ferienlektüre Ebelings Dogmatik, Band I, mitgenommen habe, aber auch unseren württembergischen Dichter Friedrich Hölderlin. Er zitierte, was Hölderlin im Jahre 1794 an seinen schwäbischen Landsmann Hegel schrieb: „Ich bin gewiss, dass du indessen zuweilen meiner gedacht hast, seit wir mit der Losung, „Reich Gottes!“ voneinander schieden“. Er fügte hinzu: „Lass uns, lieber Hartmut, auch wenn wir nicht Hegel und Hölderlin sind, in dieser Losung verbunden bleiben.“

Das möchte ich als Schlusswort auch Ihnen zurufen: Arbeiten wir mit am Reich Gottes! Ich danke Ihnen vielmals und für vieles!

 

Prof. Dr. Hartmut Jetter
Oberkirchenrat i.R., Bernsteinstraße 143, 70619 Stuttgart

Vorstände seit 1980